Sustainable Innovations

Materialien als Wegbereiter des Wandels mit Simon Angel

SUSTAINABLE INNOVATIONS 2025: Materialien als Wegbereiter des Wandels

Interview mit Simon Angel - Gastartikel von Muchaneta ten Napel

1. September 2025

Simon Angel ist Kurator des SUSTAINABLE INNOVATIONS Forums auf der Munich Fabric Start und gilt als zentrale Stimme, wenn es darum geht, textile und modische Innovationen zu fördern und Veränderung zu gestalten. Seine Rolle ist weniger die eines Gatekeepers, sondern mehr die eines Geschichtenerzählers und Vermittlers, der Experimente, Wissenschaft und industrielle Praxis zu einer übergreifenden Vision für die Zukunft der Textilien verbindet. 

Er ist jemand, der mit unermüdlicher Leidenschaft experimentelles Design, wissenschaftliche Erkenntnisse und industrielle Praxis miteinander verwebt, um eine weitreichende Vision davon zu entwerfen, wie die Zukunft der Textilien aussehen könnte. Saison für Saison wird das Forum so zu einem Ort der Begegnung: Es versammelt Projekte, die herausfordern, inspirieren und den Funken für kühne Ideen entzünden – und eröffnet damit immer wieder neue Perspektiven auf das Material der Zukunft. Auch dieses Jahr reicht das Spektrum von Bio-Luxus-Couture über energieerzeugende Textilien bis hin zu regenerativen Materialien, die in Feuchtgebieten wachsen. 

Hier schildert Simon Angel seinen kuratorischen Ansatz, was die von ihm vorgestellten Visionär:innen verbindet und welche Lehren die gesamte Branche daraus ziehen sollte. 

Was leitet Ihre Auswahl für das Sustainable Innovations Forum auf der Munich Fabric Start? 

Simon Angel: Ich folge, wie ich es nenne, dem Herzschlag unserer gemeinsamen Zukunft. Mich ziehen Ideen an, die hinterfragen, wie wir leben, wie wir produzieren und was uns wirklich wichtig ist. Deshalb sind Projekte wie „Wetlands Matters“ dabei, das fragt, ob eine Jacke aktiv zur Wiederherstellung von Landschaften beitragen kann, oder „MYC_couture“, das zeigt, dass Couture mit Pilzen kultiviert statt mit synthetischen Materialien gefertigt werden kann. Innovation entsteht häufig an den Schnittstellen von Mode, Materialwissenschaft, Landwirtschaft und Energie. Entscheidend ist, dass jedes Projekt einen neuen Weg aufzeigt, wie Design, Ökologie und Sinnhaftigkeit miteinander verbunden werden können.

Living matters

Biotexfuture – BioCushion

Wetlands Matters

Was verbindet die in dieser Saison vorgestellten Projekte? 

Simon Angel: Zwei Dinge: Poesie und Zweck. Wir brauchen Kreative, die Emotionen wecken können – wie Plantfur, das Rohrkolben-Abfall in pelzähnliche, zugleich haptische und ökologische Paneele verwandelt. Gleichzeitig benötigen wir auch analytische Problemlöser, die skalierbare Lösungen liefern – wie die Initiative BIOTEXFUTURE, die an biobasiertem Polyester und recycelbaren Abstandstextilien arbeitet. Wenn diese beiden Elemente zusammenkommen, sind die Projekte mehr als bloße Ausstellungsstücke; sie werden zu Signalen dafür, wie die Branche in zehn oder zwanzig Jahren aussehen könnte.

Nehmen Sie in dieser Saison Trends wahr, die sich bei den eingereichten Projekten abzeichnen? 

Simon Angel: Was ich beobachte, ist eine Suche nach sinnvollen Verbindungen – zwischen Menschen, aber auch zwischen Materialien und ihrer Bestimmung. Heliotexzum Beispiel spendet nicht nur Schatten, sondern verwandelt Textilien in erneuerbare Infrastruktur und versorgt so unseren Lebensraum mit Energie. Living Matterdefiniert Luxus neu, nicht als Überfluss, sondern als Verantwortung. Diese Projekte stellen die Frage: Warum schätzen wir, was wir schätzen, und wie können Textilien dazu beitragen, unser Leben neu zu gestalten? Dieser Antrieb nach Verbindung könnte die nächste Grenze für Innovationen sein.

Heliotex

MYC_Couture

Plantfur

Was kann die Branche vom Sustainable Innovations Forum lernen? 

Simon Angel:Das Forum ist nicht darauf ausgerichtet, fertige Antworten zu liefern, sondern einen Dialog zu eröffnen. Designer bringen einzigartige Sichtweisen auf menschliche Bedürfnisse und das Potenzial von Materialien ein, während die Industrie das Know-how und die Reichweite hat, damit Veränderungen wirklich umgesetzt werden können. Wenn Projekte wie Wetlands Matters oder Plantfurdirekt neben einem industriellen Forschungsprogramm wie BIOTEXFUTURE präsentiert werden, zeigt das, wie sich spekulatives Design und angewandte Wissenschaft gegenseitig stärken können. Genau so gelangen wir vom bloßen Staunen ins konkrete Handeln.

Mit Blick auf die Zukunft – wie sehen Sie die gemeinsame Entwicklung von Nachhaltigkeit und Textilien? 

Simon Angel:Je intensiver ich mich damit beschäftige, desto mehr läuft alles auf eine gemeinsam getragene Verantwortung im gesamten System hinaus. Für mich zeigen die Projekte bei den Sustainable Innovations, dass aus Bewusstsein gemeinsames Handeln entstehen kann. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Branche diesen Enthusiasmus nutzt, um echte Erneuerung voranzutreiben – und nicht nur Gespräche darüber zu führen.


Über die Autorin

Muchaneta, Gründerin und Chefredakteurin von Shape Innovate, arbeitet seit über 14 Jahren in der Modebranche. Derzeit ist sie eine der führenden Influencerinnen, die über die Verschmelzung von Mode mit Technologie und tragbarer Technologie spricht und schreibt.

Muchaneta ten Napel | m@shapeinnovate.com


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Living Matter: Bio-Luxury for Future Materials

Living Matter: Bio-Luxury for Future Materials

SUSTAINABLE INNOVATIONS

31. August 2025

Luxus war schon immer voller Widersprüche. Er wird für seine Handwerkskunst und Faszination bewundert, aber oft wegen seines Übermaßes kritisiert. Living Matter greift diese Spannung auf und stellt die Frage: Was wäre, wenn Luxus nicht aus Seltenheit oder Exklusivität bestehen würde, sondern aus Verantwortung und Kreativität?

Indigo, eine Farbe mit viel Geschichte, steht im Mittelpunkt dieses Projekts. Denim symbolisiert traditionell Stärke und Langlebigkeit; seine Rauheit wird mit Arbeit und Zweckmäßigkeit assoziiert. In diesem Fall wird Indigo genutzt, um zu provozieren. Biowerkstoffe wie Indigo Fur, Indigo BioLeather und Indigo Veil verwandeln die typische Rauheit von Denim in etwas Weiches, Leichtes und geradezu elegant Anmutendes. Diese Materialien sind so gestaltet, dass sie hochwertig wirken, aber gleichzeitig darauf ausgelegt, sich zu verändern, zu altern und schließlich wieder in den Kreislauf der Natur zurückzukehren

Bei diesem Prozess werden marine Biopolymere, Pflanzenfasern und sogar Holzkohlereste verwendet, die mit Baumwolle und natürlichen Indigo-Farbstoffen vermischt werden. Das Ergebnis sind nicht bloß Oberflächen, sondern Materialien, die durch Techniken wie Falten, Plissieren und Fellverarbeitung geformt werden. Sie wirken lebendig und verbinden wissenschaftliche Präzision mit handwerklicher Raffinesse. Jedes Stück erzählt eine Geschichte darüber, was passiert, wenn das Alte und das Neue sich begegnen.

„Indem Luxus als naturorientiertes, handwerksbasiertes Konzept neu gedacht wird, leistet das Projekt Pionierarbeit für nachhaltigen Luxus.“
Shushanik Droshakiryan

Auffällig ist, wie schön diese Materialien ganz ohne Zurückhaltung sind. Nachhaltiges Design wird oft in gedeckten Farben präsentiert, als wäre Zurückhaltung die einzige Form von Verantwortung. Living Matter verfolgt hingegen einen anderen Ansatz: Das Indigo tritt hier kraftvoll und leuchtend auf, mit reichen, sinnlichen und sehr ansprechenden Texturen. Die Botschaft: Für den Planeten Verantwortung zu übernehmen bedeutet keinesfalls, auf Stil zu verzichten.

Luxus gibt in der gesamten Branche den Ton an und prägt, was Menschen begehren und warum sie sich überhaupt für Mode interessieren. Living Matter stellt diesen Einfluss infrage und fordert dazu auf, von Ausbeutung zu verantwortungsvollem Umgang mit Ressourcen umzudenken. Biobasierte Materialien werden dabei nicht als Kompromiss, sondern als ultimative Form des Begehrenswerten neu definiert.

Das Projekt wird auf dem Sustainable Innovations Forum der Munich Fabric Start im September 2025 vorgestellt und findet dank der Zusammenarbeit mit OFFICINA +39, die den Farbstoff RECYCROMTM RTD OCEAN liefern, sowie EU COTTON, die die Rohbaumwolle bereitstellen, genau am richtigen Ort statt. Indem es Grenzen verschiebt und zukunftsweisende Visionen für die Modewelt präsentiert, hat das Projekt das Potenzial, biobasierte Materialien nicht als Ersatz oder Kompromiss, sondern als neuen Inbegriff von Attraktivität und Begehrlichkeit zu positionieren.

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BIOTEXFUTURE: How to Make Textiles from Fossils

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30. August 2025

Einer der größten Widersprüche der Modebranche ist, dass sie auf fossilen Rohstoffen basiert. Polyester, Nylon und Acryl machen den Großteil der weltweit verwendeten Fasern aus – das bedeutet, die meisten Kleidungsstücke entstehen ursprünglich aus Erdöl. adidas und die RWTH Aachen University führen das deutsche Projekt BIOTEXFUTURE an, das genau diese Abhängigkeit überwinden will.

Das Programm ist ein Zusammenschluss von Unternehmen und Universitäten, die gemeinsam nach skalierbaren, biobasierten Alternativen suchen. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Im Rahmen des SUSTAINABLE INNOVATIONS Forums auf der Munich Fabric Start werden drei Hauptprojekte vorgestellt

  • CircWool: Ein Verfahren, bei dem mithilfe eines Lösungsmittels Wollfasern wiederhergestellt werden, ohne dass die Qualität darunter leidet.
  • BioPETex: Ein biobasierter Polyester, der genauso leistungsfähig ist wie herkömmliches PET.
  • BioCushion: Ein recycelbares Abstandstextil, das in Schuhen und Kleidung eingesetzt werden kann und sowohl robust als auch vollständig kreislauffähig ist

Diese Projekte sind nicht als einmalige Versuche gedacht, sondern sollen in der Praxis tatsächlich anwendbar sein. Ihre Präsentation im Forum verbindet experimentelle Designideen mit einer langen Tradition angewandter Wissenschaft. Das zeigt, dass sowohl Kreativität als auch eine solide Infrastruktur notwendig sind, um den Wandel hin zu nachhaltigen Textilien zu schaffen.

BioCushion

BioPEtex

BioPEtex

BioPEtex

CircWool

„BIOTEXFUTURE verfolgt die richtige Vision, um die textile Wertschöpfungskette grundlegend zu verändern“
adidas Future Team.

Die Botschaft für Mode und Textilien ist eindeutig: Greenwashing kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir weiterhin vom Erdöl abhängig sind. Es braucht einen grundlegenden Wandel in der Herstellung, und biobasierte Fasern spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die gute Nachricht ist: Die Technologie ist bereits vorhanden, neue Partnerschaften entstehen, und das Interesse an nachhaltigen Lösungen wächst stetig.

Die Petrochemie hat die Textilindustrie in den letzten 100 Jahren geprägt. Doch Projekte wie BIOTEXFUTURE zeigen, dass eine neue Ära anbricht, in der Leistung, Stil und Skalierbarkeit nicht mehr an Erdöl gekoppelt sind, sondern an erneuerbare Innovationen.

CircWool

CircWool

CircWool

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BIOTEXFUTURE


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Wetlands Matters – von Marc Wijkmans

Wetlands Matters – von Marc Wijkmans

SUSTAINABLE INNOVATIONS

29. August 2025

In den Niederlanden, wo Land und Wasser untrennbar miteinander verflochten und doch oft Gegenspieler sind, muss Design oft in engem Bezug zur Ökologie gedacht werden. Wetlands Matters vom Studio Wetlands von Marc Wijkmans führt dies in das Textil-Design hinein und behandelt Stoffe nicht als neutrale Oberflächen, sondern als aktive Teilnehmer, die dabei helfen können, Landschaften wachsen zu lassen.

Die Idee von Wijkmans entsprang einer einfachen, aber wichtigen Beobachtung: Tiere transportieren Samen in ihrem Fell durch ganze Ökosysteme. Daraufhin entwickelte er ein Textil, das diesen natürlichen Prozess imitiert – es fängt Samen bewusst ein und verteilt sie weiter. Das Material besteht aus Wolle, Natriumalginat und Leinöl. Anders als glatte, makellose Stoffe gewinnt es seinen Wert gerade durch seine Unregelmäßigkeiten – durch die Art, wie es verhakt, Dinge mitnimmt und so den Prozess der Wiederverwilderung unterstützt. Dieser Ansatz steht im Gegensatz zu gängigen Vorstellungen von Outdoor-Bekleidung.

„Samen bleiben im Fell haften. Daran anknüpfend kam mir die Idee, dem Material eine fellartige Oberfläche zu geben.“
 Marc Wijkmans

Materialherstellung

Wie wir alle wissen, bestehen moderne Funktionsstoffe heute überwiegend aus synthetischen Materialien – sie sind stark und wasserabweisend konstruiert, gelten jedoch als problematisch, weil sie Mikroplastik freisetzen. Wetlands Matters stellt dieses verbreitete Verständnis von „Funktionalität“ infrage. Hier wird Leistung neu definiert: nicht danach, ob Menschen trocken bleiben, sondern ob die ökologischen Bedürfnisse eines Ortes unterstützt werden.

Das Textil wurde im Naturschutzgebiet Hemelrijkse Waard getestet und zeigt dort, dass Schutz wechselseitig gedacht werden kann – zwischen Träger:in und Landschaft. Daraus ergibt sich eine klare Botschaft für die Mode- und Textilindustrie: Materialien müssen grundlegend neu gedacht werden. Was wäre, wenn Stoffe so entworfen würden, dass sie mit ihrer Umgebung kooperieren, statt ihr zu widerstehen? Was wäre, wenn Vergänglichkeit und biologische Abbaubarkeit nicht als Makel, sondern als wesentliche Tugenden einer nachhaltigen Zukunft verstanden würden?

Alles in allem erhebt Wetlands Matters nicht den Anspruch, sofort marktreif zu sein oder fertige Lösungen anzubieten. Vielmehr versteht es sich als Denkanstoß – als Erinnerung daran, dass die Zukunft von Textilien vielleicht weniger darin liegt, wie lange sie halten oder wie eng sie klassischen Leistungsansprüchen genügen, sondern vielmehr darin, wie leise und stetig sie Landschaften beim Wachsen unterstützen können.

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Materialreparatur


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Heliotex – Studio Pauline van Dongen

Heliotex – Studio Pauline van Dongen

SUSTAINABLE INNOVATIONS

28. August 2025

Textilien haben schon immer unsere Körper bedeckt, aber was wäre, wenn sie auch die Dinge um uns herum mit Energie versorgen könnten? Heliotex , entworfen von der Designerin Pauline van Dongen stellt die bisherige Vorstellung davon, was Textilien leisten können, grundlegend infrage und erweitert die Möglichkeiten von Stoffen weit über das Bekannte hinaus.

Heliotex ist im Grunde eine Möglichkeit, organische Photovoltaik mit leichten, flexiblen Stoffen zu verbinden. Das Ergebnis sind Sonnenschirme und Überdachungen, die Energie erzeugen und dabei auch noch gut aussehen. Im Gegensatz zu starren Solarpaneelen bewegen, falten und „atmen“ diese Stoffe mit ihrer Umgebung. Sie sehen erneuerbare Energie nicht als etwas, das versteckt werden muss, sondern als etwas Schönes, Weiches, das sich harmonisch in die Welt einfügt.

„Wir konzentrieren uns auf Outdoor-Anwendungen wie textile Fassaden, Festzelte und Beschattungssysteme … Natürlich sehen wir auch Anwendungen im Innenraum wie Vorhänge und Sonnenschutz vor.“
Pauline van Dongen

Dass Simon Angel das Projekt in das diesjährige SUSTAINABLE INNOVATIONS Forum aufgenommen hat, stellt Heliotex in einen größeren Zusammenhang: Textilien sind längst nicht mehr passiv – sie sind Werkzeuge für grundlegende Veränderungen im System. Heliotex zeigt, wie Stoffe traditionelle Kategorien überwinden können, indem sie an der Schnittstelle von Design, Architektur und Energie wirken. Ähnlich wie Wetlands Matters und Plantfur beweist Heliotex, dass textile Materialien heute Innovation, Nachhaltigkeit und Funktionalität in sich vereinen können.

Van Dongens Arbeit wird die Mode- und Textilindustrie grundlegend verändern. Wenn Stoffe selbst Energie erzeugen können, eröffnet sich der Branche ein völlig neues Wachstumspotenzial. Nachhaltigkeit bedeutet dann nicht mehr nur, weniger Schaden anzurichten – sondern mehr Wert zu schaffen: Komfort, Schönheit und saubere Energie in einem.

Die Botschaft ist zugleich praktisch und visionär: Nachhaltigkeit sollte sich wie ein selbstverständlicher Teil des Alltags anfühlen, nicht wie etwas nachträglich Hinzugefügtes. Heliotex zeigt, dass erneuerbare Energie greifbar, einladend und sogar luxuriös sein kann. Das ist ein Aufruf an alle, die in Mode und Textil arbeiten, Stoffe nicht nur als etwas zu begreifen, das wir tragen, sondern auch als Teil der Gebäude, in denen wir leben.

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PAULINE VAN DOGNEN

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Atelier Dasha Tsapenko's MYC_Couture

Atelier Dasha Tsapenko's MYC_Couture

SUSTAINABLE INNOVATIONS

27. August 2025

Die Modewelt hat Couture schon immer dafür gefeiert, dass sie schockieren kann. Doch was wäre, wenn Mode nicht nur durch ihren Look überraschte, sondern auch durch das, woraus sie besteht? Genau mit dieser Frage beschäftigt sich das Atelier von Dasha Tsapenko. Ihr fortlaufendes Projekt MYC_Couture basiert auf der Idee: Anstatt Kleidung herzustellen, lässt sie Kleidung wachsen.

Tsapenko hat bereits Kleidungsstücke aus Pilzen, Hanf und Flachs geschaffen – lebendige Kollaborationen zwischen der Designerin und Organismen. Die daraus entstandenen Mäntel und Kleider wirken dramatisch und skulptural: Sie sehen aus wie echte Couture-Fantasien, doch gerade ihre biologische Beschaffenheit macht sie neuartig. Die Kleidungsstücke wachsen nach, zerfallen und kehren schließlich zur Erde zurück. Tsapenko hat damit das Konzept des „Bioluxus“ eingeführt, ein Modell, das Wandel und Vergänglichkeit akzeptiert, anstatt sich dagegen zu stemmen.

„Texturen und Materialien werden nicht produziert; sie wachsen.“

Dasha Tsapenko

Diese Vision ist weder ein Gimmick noch ein bloßes Experiment. MYC_Couture versteht, dass der Wandel vom Verständnis von Kleidungsstücken als statische Objekte hin zu Kleidung als Teil ökologischer Kreisläufe nicht bedeutet, am Alten festzuhalten, sondern darin besteht, Wandel, Wachstum und Rückkehr zu feiern.

MYC_Couture ist längst bei Veranstaltungen wie der Dutch Design Week, der Copenhagen Fashion Week und nun auch auf der Munich Fabric Start vertreten – zu finden im Ausstellungsbereich SUSTAINABLE INNOVATIONS. Dort möchte Dasha Tsapenko eine Diskussion darüber anregen, wie Mode und Ökologie neu miteinander verbunden werden können. Ihre Botschaft ist zugleich einfach und radikal: Nachhaltigkeit lässt sich nicht allein durch Effizienzsteigerungen erreichen.

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ATELIER DASHA TSAPENKO

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Plantfur – by Studio iFOCUS

Plantfur – by Studio iFocus 

SUSTAINABLE INNOVATIONS

26. August 2025

Moore – oft die „Lungen der Erde“ genannt – sind empfindliche Ökosysteme, die heute unter enormem Druck stehen. Besonders in den Niederlanden droht diesen kohlenstoffreichen Böden der Kollaps: Jahrhunderte der Entwässerung und intensiven Landwirtschaft haben ihre Balance zerstört. Wenn sie zusammenbrechen, setzen sie große Mengen CO₂ frei. Für die Designerin Iris Veentjer ist diese Krise jedoch nicht nur ein Problem, das es zu lösen gilt. Sie sieht darin auch eine Chance, Materialien neu zu denken und unsere Beziehung zur Natur zu überdenken.

Ihr Fokus liegt auf dem Rohrkolben – einer Pflanze, die in nassen Böden hervorragend gedeiht. Sie könnte nicht nur Landschaften verändern, sondern auch Textilien. Aus den zigarrenförmigen Samenständen entwickelt Veentjer ein Material namens Plantfur. Was normalerweise als landwirtschaftlicher Abfall gilt, sammelt sie rechtzeitig ein, bevor es sich unkontrolliert verbreitet. Daraus entstehen Platten, die in ihrer Struktur an Fell erinnern. Jeder Samenstand hat seine eigene Größe, wodurch natürliche Streifenmuster entstehen – einzigartig und ästhetisch.

Der Clou: Plantfur ist nicht nur eine nachhaltige Alternative zu tierischem Fell oder Kunststoffen auf Erdölbasis. Es eröffnet auch Landwirten eine zusätzliche Einkommensquelle – und trägt gleichzeitig zur Reduzierung von Emissionen bei.

„Das frühzeitige Ernten von Rohrkolben-Zigarren verhindert ihre invasive Ausbreitung – und verwandelt Abfall in Wert.“
Iris Veentjer

Dass das Projekt beim SUSTAINABLE INNOVATIONS Forum präsentiert wird, ist ein starkes Zeichen. Es zeigt, dass Nachhaltigkeit mehr bedeutet als „weniger Schaden anrichten“. Plantfur wirft entscheidende Fragen auf: Was wäre, wenn wir Feuchtgebiete zur Fellproduktion nutzen könnten – anstelle von Massentierhaltung? Was wäre, wenn Landwirtschaft im Einklang mit Klimaresilienz stünde, statt sie zu untergraben?

Plantfur ersetzt nicht einfach alte Materialien. Es eröffnet eine neue Denkweise: Materialien als Teil eines ökologischen Kreislaufs. Ein wichtiger Gedanke für die Zukunft der Textilien. Denn Stoffe werden nicht nur danach bewertet, wie sie sich anfühlen, sondern auch danach, wie sie in ein Ökosystem passen.

Veentjers Arbeit macht deutlich: Luxus und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus. Sie können Hand in Hand gehen – in Form von Materialien, die schön sind und gleichzeitig Gutes für die Umwelt tun.

H2 | SI

STUDIO iFOCUS

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Kantamanto Social Club

Kantamanto Social Club – Wegweisende regenerative Mode mit

Daan Sonnemans & Anabel Poh

SUSTAINABLE INNOVATIONS

17. Januar 2025

Eine Revolution nimmt Gestalt an
Der Kantamanto Social Club wurde inspiriert von den pulsierenden Märkten in Kantamanto, Ghana. Die Mitbegründer Anabel Poh und Daan Sonnemans verfolgen das Ziel, die globale Modewelt zu transformieren, indem sie die Praktiken von Gemeinschaften stärken, die in der Mode- und Textilindustrie oft übersehen werden. Doch die Initiative des Clubs geht weit über bloße Nachhaltigkeit hinaus – es geht darum, die Machtverhältnisse in einer Branche neu zu gestalten, die marginalisierte Gemeinschaften normalerweise nicht unterstützt.

Die Vision des Kantamanto Social Club für eine zirkuläre Modezukunft
Die Mission des Kantamanto Social Club ist klar: Gemeinschaften im globalen Süden zu stärken. Der Fokus liegt darauf, jene Gemeinschaften ins Rampenlicht zu rücken, deren zirkuläre und regenerative Praktiken viel zu lange unterschätzt wurden. „Im Kern dieses Projekts stehen die von Natur aus nachhaltigen Gemeinschaften des globalen Südens, die seit Generationen regenerative Methoden praktizieren“, erklärte Daan. Statt diese Gemeinschaften als Empfänger westlicher „Hilfe“ oder „Anleitung“ zu betrachten, positioniert der Social Club sie als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit in der Mode.

Durch eine Philosophie, die traditionell marginalisierte Stimmen in globale Diskussionen über Umwelt- und Wirtschaftsnachhaltigkeit einbindet, hat es sich der Club zur Aufgabe gemacht, Kunsthandwerker zu stärken. Diese verwandeln ausrangierte Textilien aus dem globalen Norden in hochwertige Modeartikel. Der Club bietet ihnen eine Plattform, um ihr Potenzial, ihre Kreativität, ihre Widerstandskraft und ihre Fähigkeiten sichtbar zu machen, wie nachhaltige Praktiken dem globalen Konsumwahn entgegenwirken können.

Daan stellt dabei eine entscheidende Frage: „Wie können wir angesichts des drohenden Kollapses die Wende schaffen und die Modeindustrie in ein regeneratives Modell überführen?“ Mit diesen Bemühungen fordert Sonnemans die bestehenden Normen der Branche heraus und setzt sich für einen systemischen Wandel ein, der ökologische und soziale Integrität in den Mittelpunkt stellt.

Brücken bauen durch Kunst und Engagement
Der Kantamanto Social Club schafft greifbare Verbindungen zwischen lokalen Kunsthandwerkern und der globalen Bühne. Mit Ausstellungen, Storytelling und kollaborativen Forschungsinitiativen macht der Club nicht nur das kreative Potenzial von Upcycling-Mode sichtbar, sondern liefert auch eine kritische Auseinandersetzung mit den vorherrschenden Produktions- und Konsumnormen der Modeindustrie. Dieser Ansatz eröffnet neue Perspektiven und ebnet den Weg für eine tiefere Auseinandersetzung mit nachhaltigen Praktiken.

Auf dieser Grundlage wird ein zentraler Aspekt der zukünftigen Arbeit des Clubs auf Nachhaltigkeitsbildung liegen. Durch Workshops wird der Club die nächste Generation von Designern inspirieren und schulen, um nachhaltiges Denken von Anfang an in ihre Karrieren zu integrieren. Darüber hinaus wird der Club kulturelle Austauschprogramme fördern, um die Arbeiten der Kreativen aus Kantamanto auf internationaler Ebene zu würdigen und ihnen die Anerkennung zu verschaffen, die sie verdienen. Daan stellt dabei eine entscheidende Frage: „Wie können wir angesichts des drohenden Kollapses die Wende schaffen und die Modeindustrie in ein regeneratives Modell überführen?“ Mit diesen Bemühungen fordert Sonnemans die bestehenden Normen der Branche heraus und setzt sich für einen systemischen Wandel ein, der ökologische und soziale Integrität in den Mittelpunkt stellt.

Über eine kreative Wiederbelebung hinaus engagiert sich der Kantamanto Social Club aktiv in der politischen Interessenvertretung und beeinflusst globale Strategien für Abfallmanagement und nachhaltige Praktiken. Ihre Initiativen dienen als Weckruf und fordern die internationale Gemeinschaft auf, die Werte und Interaktionen, die die Modeindustrie prägen, neu zu überdenken. Dieser ganzheitliche Ansatz stellt sicher, dass der Einfluss ihrer Arbeit weit über den künstlerischen Bereich hinausgeht und globale Politik sowie praktische Veränderungen erreicht.

 

Engagieren Sie sich mit dem Kantamanto Social Club
Ob Designer, politischer Entscheidungsträger oder neugieriger Beobachter – der Kantamanto Social Club lädt Sie ein, die Modeindustrie neu zu denken: eine Industrie, die auf Gerechtigkeit, Regeneration und echtem Respekt für unseren Planeten und seine Menschen basiert.

Wenn Sie tiefer in die transformierenden Projekte des Kantamanto Social Club eintauchen oder sich an ihren laufenden Initiativen beteiligen möchten, finden Sie weitere Informationen auf ihrer Website: https://kantamantosocialclub.com.

Stellungnahme zu den jüngsten Ereignissen

„In der Nacht vom 1. Januar 2025 bis in den Morgen des 2. Januar hat ein verheerendes Feuer den Kantamanto-Markt heimgesucht und bis zu zwei Drittel davon zerstört. Über 10.000 Menschen – darunter Schneider, Einzelhändler, Kayayei und Kunsthandwerker – haben ihre Geschäfte und Lebensgrundlagen verloren.

Für uns ist Kantamanto mehr als nur ein Markt – es ist ein globales Symbol der Resilienz, das unerwünschte Textilien aus der ganzen Welt in etwas Bedeutungsvolles verwandelt. Es steht für nachhaltige Mode und die unglaubliche Kreativität seiner Gemeinschaft.

Jetzt ist der Moment, um Solidarität mit Kantamanto zu zeigen. Gemeinsam müssen wir diese Gemeinschaft unterstützen, während sie wiederaufbaut. Wir starten eine gezielte Fundraising-Kampagne für die Upcycler, mit denen wir direkt zusammenarbeiten. Doch momentan ist jede Unterstützung dringend nötig. Spenden können über den Fire Relief Fund der OR Foundation geleistet werden, der direkt für Hilfsmaßnahmen eingesetzt wird.“ Unterstützen Sie hier. 

@kantamantosocialclubWEBSITEDaan SonnemansAnabel Poh

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Mut, Neugier und Handwerkskunst

Wie Mut, Neugier und Handwerkskunst die Zukunft der Mode neu gestalten können

Interview mit Simon Angel - Gastbeitrag von Muchaneta ten Napel

17. Januar 2025

Mit „FLORECSENCE“ als Leitprinzip von MUNICH FABRIC START und TECHKNOWLEDGE für das KEYHOUSE hebt Simon Angel, Kurator für nachhaltige Innovationen, hervor, wie die von ihm ausgewählten Projekte das „Was kommt als Nächstes?“ in der Mode neu definieren können, indem sie uns herausfordern, über schnelle Lösungen hinauszudenken und stattdessen einen tieferen, ganzheitlicheren Ansatz für Nachhaltigkeit zu verfolgen.

Simon, wie bist du an die Kuratierung der diesjährigen Sustainable Innovations-Ausstellung bei Munich Fabric Start herangegangen?

Simon Angel: Nun, ich wollte, dass die in der Sustainable Innovations-Ausstellung gezeigten Projekte einen bedeutenden Wandel in der Textilindustrie signalisieren. Die Projekte, die ich in dieser Saison ausgewählt habe, fordern uns heraus, alles zu überdenken – von Rohmaterialien über Endprodukte bis hin zu Produktionsprozessen. Dabei wird Nachhaltigkeit als ein fortlaufender Dialog betont, der eine breitere Diskussion über die Zukunft unserer Branche anstößt und die Textilgemeinschaft dazu auffordert, verantwortungsbewusstere und kreativere Ansätze zu verfolgen.

Könntest du etwas mehr dazu sagen, wie sich die Philosophie des Jahres in den ausgestellten Projekten manifestiert?

Simon Angel: Sehr gerne! Die Philosophie dieses Jahres ist tief in jedem Projekt verankert, das ich für die Ausstellung ausgewählt habe. Besonders betont wird die Integration nachhaltiger Praktiken, die nahtlos mit innovativem Design verbunden sind. Nehmen wir zum Beispiel „PSYCHEDELIC TEXTILES“ von Shushanik Droshakiryan. Ihre Arbeit geht über die Grenzen hinaus, indem sie Techniken aus der Mikrobiologie und Chemie nutzt. Sie dient als kraftvoller Aufruf an die Industrie, die Art und Weise zu überdenken, wie Materialien beschafft, bewertet und letztlich wieder in die Umwelt zurückgeführt werden. Indem sie den Lebenszyklus von Materialien, insbesondere die End-of-Life-Phase, in den Fokus rückt, unterstreicht sie die Notwendigkeit, innerhalb eines zirkulären Wirtschaftsansatzes zu entwerfen und eine Zukunft zu visionieren, in der Umweltschutz und Modeinnovation nahtlos miteinander verbunden sind.

Milou – photo credit Lieke Bielderman

Die Projekte von Studio Nicky Vollebregt: „Pollia,“ „HIGHLIGHT“ und „Uncover“ – Wie passen sie in dieses Narrative?

Simon Angel: Die Projekte von Studio Nicky Vollebregt’s demonstrieren einen ganzheitlichen Ansatz zur Textilinnovation, indem sie sich mit Farbreflexion, Materialtransparenz und transformierenden Veredelungstechniken beschäftigen. Das Studio stellt nicht einfach visuell beeindruckende Stoffe her; es hinterfragt unsere Konzepte von Licht, Farbe und Textur und untersucht, wie kleine Eingriffe im Materialschöpfungsprozess weitreichende Auswirkungen auf die Umwelt und die Nutzbarkeit haben können. Es erinnert uns daran, dass Nachhaltigkeit und ästhetische Anziehungskraft keineswegs Gegensätze sind.

Könntest du erläutern, wie Daan Sonnemans’ und Anabel Poh’s „Kantamanto Social Club“ die Themen dieser Ausstellung verstärkt?

Simon Angel: Daan Sonnemans und Anabel Poh greifen einen kritischen Aspekt der Nachhaltigkeit auf: die menschliche und soziale Dimension. Mit „Kantamanto Social Club“ konzentrieren sie sich auf die Einbindung der Gemeinschaft und ethische Arbeitspraktiken, indem sie kulturelles Erbe mit umweltbewusster Produktion vereinen. Ich finde, dass dieses Projekt über Materialinnovation hinausgeht, weil es uns daran erinnert, dass Nachhaltigkeit nicht nur neue Materialien oder Recycling bedeutet; ihr Kern betrifft die Menschen und Gemeinschaften hinter den Produkten. In gewisser Weise könnte man dieses Projekt als eine nachhaltige Prozess-Intervention bezeichnen.

Könntest du uns mehr über Milou Voorwinden’s „Explorations in 3D weaving“ erzählen?

Simon Angel: Milous Arbeit ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie das Überdenken einer grundlegenden Technik völlig neue Möglichkeiten eröffnen kann. In „Explorations in 3D weaving“ betrachtet sie den Webstuhl nicht nur als Werkzeug für flache Textilien, sondern als Plattform für skulpturale, strukturierte Formen. Durch die Kombination verschiedener Fasern und das Experimentieren mit Dichte schafft sie Stoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften – einige starr, andere flexibel. Diese Erkundungen stellen das binäre Denken von „Stoff vs. Struktur“ infrage und zeigen, wie Textilien auf eine Weise entwickelt werden können, die Materialabfälle minimiert und gleichzeitig das Designpotenzial erweitert. Ihr Designprinzip bringt eine Veränderung im Design-Muster-Produktionszyklus.

Shushanik

Oscar

Nicky – Pollia
credit Patty van den Elshout i.o.v. TextielMuseum

„Wool matters“ von Beatriz Isca ist ein weiteres Projekt, das Aufmerksamkeit auf sich zieht. Wie passt es in das Thema dieser Saison?

Simon Angel: Beatriz’s “Wool matters” -Projekt unterstreicht den Wert eines Rohmaterials, das wir oft als selbstverständlich erachten. Indem sie die Prozesse der Beschaffung, Reinigung und Umwandlung von Wolle in den Mittelpunkt stellt, zeigt sie, wie etwas so Althergebrachtes wie Wolle für moderne, umweltbewusste Lebensstile neu interpretiert werden kann. Sie stellt nicht nur die Vielseitigkeit der Wolle vor, sondern enthüllt auch die Geschichten, das Erbe und die Gemeinschaften hinter der Faser. Ich hoffe, dass ihre Perspektive uns dazu ermutigt, den gesamten Lebenszyklus unserer Materialien – und die Menschen, die daran beteiligt sind – zu berücksichtigen, bevor wir überhaupt mit dem Design beginnen.

Schließlich sticht Oscar Wentz’ AFTERLIFE „REWORK AND RETHINK YOUR OWN TRASH“-Projekt hervor. Kannst du uns mehr darüber erzählen?

Simon Angel: Oscars AFTERLIFE-Projekt ist eine mutige Aussage zu Abfall und Konsumkultur. Durch das Upcycling von weggeworfenen Kleidungsstücken und Materialien schafft er Streetstyle-Garments, die zeigen, wie eine einfache Änderung der Perspektive eine größere Diskussion über Verantwortung und Ressourcennutzung anstoßen kann. Es ist das perfekte Beispiel dafür, wie ein praktischer, interventionistischer Ansatz Menschen dazu anregen kann, zirkuläre Praktiken stärker zu übernehmen.

Beatriz – Wool matters

Wie siehst du die Auswirkungen dieser Innovationen in der Ausstellung auf die Zukunft der Textilindustrie?

Simon Angel: Diese Projekte stellen kollektiv einen bedeutenden Wandel dar, der uns dazu anregt, zu hinterfragen, was möglich ist, und Nachhaltigkeit als einen fortlaufenden Dialog zu betrachten, anstatt als ein finales Häkchen auf einer Liste. Jedes Projekt in der Ausstellung „Sustainable Innovations“ fordert bestehende Paradigmen heraus und bringt uns näher an eine Welt, in der Textilien mit Blick sowohl auf die Menschen als auch auf den Planeten erschaffen werden.

Danke, Simon, für diese Einblicke. Es ist klar, dass die Sustainable Innovation-Ausstellung dieser Saison mehr ist als nur eine Präsentation neuer Materialien – es geht darum, eine breitere Diskussion über die Zukunft unserer Branche anzustoßen.

Simon Angel: Es war mir ein Vergnügen. Ich freue mich darauf, dass jeder diese Projekte erlebt und Teil der Diskussion wird. Ich glaube, dass wir durch kollektive Neugier und Experimentierfreudigkeit echte, dauerhafte nachhaltige Innovationen vorantreiben können.

Wir freuen uns darauf, die Ausstellung zu sehen und zu erleben, wie diese bahnbrechenden Ideen die Zukunft des Textildesigns prägen werden.

Simon Angel: Vielen Dank. Vergesst nicht, uns im Keyhouse in Halle 7 zu besuchen – wir können es kaum erwarten, euch zu zeigen, wie diese Interventionen die Zukunft der Mode und Textilien neu schreiben.


Über die Autorin

Muchaneta, Gründerin und Chefredakteurin von Shape Innovate, arbeitet seit über 14 Jahren in der Modebranche. Derzeit ist sie eine der führenden Influencerinnen, die über die Verschmelzung von Mode mit Technologie und tragbarer Technologie spricht und schreibt.

Muchaneta ten Napel | m@shapeinnovate.com


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The AFTERLIFE Project von Oscar Wentz

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Pioneering a Playful Rebellion Against Fast Fashion

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12. Januar 2025

In einer Branche, die von schneller Mode und ständig wechselnden Trends überschwemmt wird, hat Oscar Wentz mit seinem AFTERLIFE-Projekt den Reset-Knopf gedrückt. Das AFTERLIFE-Projekt ist ein Aufruf, der die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellt. Das Projekt verwandelt nicht nur ausrangierte Kleidungsstücke in Streetwear, sondern fordert uns auch auf, unsere eigenen Konsumgewohnheiten zu hinterfragen und zu überdenken, was wir in unserem Kleiderschrank – und letztlich in der Welt um uns herum – als „Abfall“ betrachten.

Vom Abfall zum Wunder: Ein spielerischer Ansatz für einen ernsthaften Wandel
AFTERLIFE ist mehr als eine Modelinie; es ist eine Bewegung. Sie entstand als Reaktion auf die Nachteile der Fast Fashion – billig produzierte Kleidungsstücke, die einmal getragen und dann vergessen werden. Das Projekt, das vollständig aus bereits existierenden Kleidungsstücken besteht, wirft ein Schlaglicht auf die übermäßige Verschwendung durch Fast Fashion. Durch die Neugestaltung und Rekonstruktion dieser ausrangierten Kleidungsstücke hat sich das, was als einzelne Initiative begann, zu einer ganzen Kollektion und einer wachsenden Bewegung entwickelt, die auf verspielten und einfachen Designs aufbaut und die Menschen dazu ermutigt, sich selbst im Nähen zu versuchen.

Oscars Designphilosophie spiegelt sich in seinem Wunsch wider, die Abfallströme der europäischen Textilindustrie zu bekämpfen. Anstatt Berge von unerwünschter Kleidung zu ignorieren, sieht er sie als Rohmaterial, das voller Möglichkeiten steckt. „Als Designer habe ich mich verpflichtet, den Ansatz der Textilindustrie in Bezug auf Nachhaltigkeit zu verändern, indem ich ihre Abfallströme direkt angehe“, erklärt er.

Die Kollektion verwandelt das, was einst als „Müll“ galt, in geschätzte Modestatements und spricht junge Menschen nicht nur ästhetisch an, sondern ermutigt sie auch durch die Einfachheit der Schnitte und Nähte, sich mit dem Nähen zu beschäftigen.

Jedes Stück der AFTERLIFE-Kollektion ist ein Beweis dafür, was erreicht werden kann, wenn Kreativität auf Verantwortung trifft. Oscar bietet nicht nur eine Auswahl an vorgefertigten, wiederverwendeten Kleidungsstücken, sondern gibt auch Schritt-für-Schritt-Anleitungen, wie man diese Designs zu Hause nachnähen kann. Seine Vision geht über das bloße Recycling hinaus; er möchte eine Kreislaufwirtschaft anregen, in der Nachhaltigkeit in jeden Aspekt der Mode eingebettet ist – vom Design bis zum Konsum.

„Als Designer habe ich mich verpflichtet, den Ansatz der Textilindustrie in Bezug auf Nachhaltigkeit zu verändern, indem ich ihre Abfallströme direkt angehe.

Der Schlüssel zu Oscars Vision ist jedoch die Zusammenarbeit. Er arbeitet mit Sympany zusammen, einem Unternehmen, das gespendete Kleidung sammelt und weiterverteilt. Er hat gezeigt, wie wir das, was wir bereits haben, nutzen können, anstatt immer neue Sachen zu produzieren. Es ist eine Partnerschaft, die alten Kleidungsstücken eine zweite Chance gibt, was genau zu Oscars Vorstellung passt, dass Nachhaltigkeit sowohl praktisch ist und gleichzeitig auch Spaß macht.

Außerdem ist Oscar der festen Überzeugung, dass Nähen für jeden zugänglich sein sollte – selbst wenn man noch nie eine Nadel eingefädelt hat. Deshalb veranstaltet er Workshops und bietet leicht verständliche  Anleitungen an, die den Menschen das Selbstvertrauen geben, ihre alten Kleidungsstücke zu Hause zu verändern. Bei diesen praktischen Näh-Sessions geht es nicht nur um das Ausbessern von Nähten, sondern auch um die Förderung des Gemeinschaftsgefühls und die Freude, etwas Einzigartiges zu schaffen.

Er hat auch ein größeres Ziel vor Augen: eine Kreislaufwirtschaft, in der Kreativität und Verantwortungsbewusstsein Hand in Hand gehen. Indem er zum spielerischen Experimentieren anregt, macht Oscar die Idee der Kreislaufwirtschaft in der Mode weit weniger einschüchternd und das Konzept der Kreislaufwirtschaft in der Textilindustrie zugänglicher.

Engagieren Sie sich mit Oscar Wentz und AFTERLIFE
Bei AFTERLIFE geht es nicht nur darum, alte Kleidung cool aussehen zu lassen, sondern auch darum, zu beweisen, dass wir eine nachhaltige, lebendige Modekultur schaffen können, die Originalität über Massenproduktion stellt. Und in Oscars Welt ist jeder willkommen, der neugierig ist und bereit, Nadel und Faden in die Hand zu nehmen.

@oscarwentz@senpaiscurrLINKEDIN

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